Es ist immer wieder erschreckend wie
plump die Bevölkerung über die Wahrheit belogen oder getäuscht wird.
Obwohl unser Protestzelt nach wie vor am Steindamm steht und tagsüber
Treffpunkt für unsere Gruppe der libyschen Kriegsflüchtlinge„Lampedusa
in Hamburg“, aber auch für andere Flüchtlinge, MigrantInnen und
SympathisantInnen ist, behauptet die Innenbehörde, das „Problem“
Lampedusa in Hamburg hätte sich gelöst. Obwohl wir nach wie vor auf
vielen Veranstaltungen eingeladen sind, über uns und unseren
Überlebenskampf zu sprechen, will der Senat die Öffentlichkeit über
unsere Existenz in der Stadt Hamburg täuschen. Vor allem möchte der
Senat sich von der Kritik befreien, dass er uns fortgesetzt schwerem
Leiden aussetzt, indem er uns unsere Menschenrechte verweigert.
Dazu werden dann auch Beschreibungen von
uns in die Medien gebracht, die die Wahrheit über unsere Geschichte auf
den Kopf stellen und die dazu dienen, ein Verständnis in der
Bevölkerung für unsere Forderungen und unseren Protest negativ zu
beeinflussen. Es ist eine bewusste Lüge des Innensenators Neumann, und
es zeugt erneut von der rassistischen Grundhaltung uns gegenüber, wenn
der Innensenator im Interview mit der Tageszeitung „die taz“ uns als
„Arbeitsimmigranten aus Westafrika“ bezeichnet. Selbst die
Zeitungsredaktion, obwohl sie oft über uns und unsere Geschichte
berichtet hat, übernimmt dies widerspruchslos.
Viele halten krampfhaft fest an einem
Wunschbild eines humanistischen, aufgeklärten, zivilisierten,
demokratischen Europas. Dazu passt nicht, dass wir, die ehemaligen
Arbeiter in Libyen und Opfer des Kriegs und der Intervention der NATO,
heute auf Europas Straßen vegetieren. Die Heuchelei über Menschenrechte
und Demokratie wird durch unsere Anwesenheit in Hamburg, einer der
reichsten Städte Europas, und durch unsere elende Lage hier,
offensichtlich. Deshalb wird die Wahrheit über unsere Geschichte, über
unsere Vertreibung und Flucht von unserem Kontinent und über die
Verantwortung, die Europa darin trägt, unterdrückt.
Wir sind Kriegsflüchtlinge, Überlebende
des NATO Kriegs in Libyen. Wir hatten nie die Absicht nach Europa zu
kommen. Wir hatten Arbeit und genug Einkommen, um uns und unsere
Familien zu versorgen. Heute sterben Familienangehörige, weil wir trotz
der Anerkennung des Flüchtlingsstatus in Italien nicht die Möglichkeit
und in den anderen Ländern der EU nicht die Erlaubnis bekommen zu
arbeiten. Wir sind keine Arbeitsimmigranten, wir sind hier, weil Europas
Interessen mit Hilfe der NATO unsere Existenzgrundlage in Libyen
zerstört hat.
Wir sind hier und wir bleiben hier.
Daran hat sich nichts geändert. Mit den massiven rassistischen
Kontrollen im Herbst letzten Jahres, sollte unsere Abschiebung nach
Italien erzwungen werden. Die große Empörung und die vielfältigen
Proteste aus der tatsächlich aufgeklärten Hamburger Bevölkerung halfen,
die Angriffe auf unser Leben abzuwehren. Wir sollten gezwungen werden,
eine Duldung zu beantragen unter der Ankündigung, dass unsere Gründe
ohnehin nicht anerkannt werden. Wir lassen uns nicht abschieben. Wir
verteidigen unser Recht auf Arbeit und Leben in Hamburg.
Nur einige wenige von uns haben sich
der trügerischen Hoffnung und der falschen Beratung hingegeben, dass die
Beantragung einer Duldung vielleicht eine individuelle Lösung bringen
könnte. Doch wachsen bei ihnen schon wieder die Zweifel. Hieß es zuvor,
dass sie eine Duldung für 2 Monate und danach für 6 Monate erhalten,
haben sie wieder nur eine Verlängerung für 2 Monate erhalten. Das
Arbeitsverbot besteht für sie weiterhin.
25 Personen der Gruppe der libyschen
Kriegsflüchtlinge „Lampedusa in Hamburg“ haben diesen Weg gewählt. Alle
anderen Mitglieder der Gruppe lehnen dies ab. 25 Personen der Gruppe der
libyschen Kriegsflüchtlinge „Lampedusa in Hamburg“ wurden durch die
Festnahmen bei den rassistischen Kontrollen gezwungen, über ihre
Rechtsanwälte Anträge auf Aufenthaltserlaubnis zu stellen. Wir sind über
300 Personen, die weiterhin die Anerkennung unserer Rechte und eine
Gruppenlösung nach § 23 Aufenthaltsrecht fordert.
Wir überleben weiterhin dank der großen
Unterstützung aus der Bevölkerung in Hamburg. Viele Menschen haben uns
für die Zeit des Winters Unterkunft gegeben. Unsere Entschlossenheit
unsere traumatische und erzwungene Reise in Hamburg zu beenden, ist
ungebrochen. Die Ungerechtigkeit, die uns geschieht, hat eine große
Solidarität mit uns geschaffen. Nicht „Lampedusa in Hamburg“ ist das
Problem. Das Problem ist die Haltung des Senats und sein Verstecken
hinter Gesetzen, die dafür sorgen, dass wir und unsere Familien leiden.
Wir danken allen Menschen in der Stadt
und darüber hinaus, die an unserer Seite stehen. Wenn wir zusammen stark
bleiben, sind wir zuversichtlich,, im neuen Jahr 2014 eine konkrete
Veränderung und Verbesserung unserer Situation zu erreichen. Wir lassen
uns nicht spalten. Wir fordern eine Gruppenlösung, die alle von uns
einschließt. Wir sind alle gleich, wir haben die gleiche Geschichte und
das gleiche Leid erfahren.
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