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Donnerstag, 23. Juli 2015

Der Alte Herr der Hamburger AfD

Posted by Publikative.org seit dem 21. Juli 2015

Der Hamburger AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Alexander Wolf wittert
linksextremistische Aktivitäten beim Hafengeburtstag, fürchtet bei dem
alljährlichen Fest Agitation gegen die Bundesrepublik Deutschland.
Selbst ist Wolf Alter Herr einer extrem rechten Burschenschaft – und
machte sich hier intern für einen Diskurs auch über politische Gewalt
stark.

Von Felix Krebs

Unmittelbar nach dem Bundesparteitag der AfD, bei dem sich der
rechtspopulistische Flügel klar durchsetzte, trat Hans-Olaf Henkel,
das seriöseste Gesicht der Partei, aus der Partei aus. Die AfD habe
sich für „Pöbelei, Protest und das Verbreiten von Vorurteilen
entschieden“ und sei zu einer „NPD im Schafspelz“ verkommen,
begründete der ehemalige BDI-Chef seinen Austritt. Ob er mit diesen
Worten auch den Hamburger AfD-Abgeordneten Alexander Wolf, rühriger
Alter Herr einer extrem rechten Burschenschaft meinte? Wolf ist
jedenfalls einer, der offenkundig öffentlich anderes sagt, als intern
bei seiner Danubia.

Wolf ist Alter Herr der schlagenden Burschenschaft Danubia aus
München, wo er studiert hat. Ferner war er auch Vorsitzender des
Republikanischen Hochschulverbandes (RHV), einer ehemaligen
Studentenorganisation die den Republikanern nahe stand und deren
Mitglied Wolf ebenfalls kurz war. Diese Mitgliedschaften sind lange
her, die Burschenschaft wurde in Wolfs aktiver Zeit nicht vom
Verfassungsschutz beobachtet und Wolf gestand diese rechte
Vergangenheit auf freimütig gegenüber dem Hamburger Abendblatt sowie
der taz ein.

Seine Danubia gehört seit Jahrzehnten zu den treibenden Kräften der
intellektuellen Rechten. Ihre Aktivitas, also die noch studierenden
Burschen, wurde von 2001 bis 2006 vom bayerischen Inlandsgeheimdienst
unter den „sonstigen erwähnenswerten rechtsextremen Organisationen“
aufgeführt. Danach wurde die Erwähnung aufgrund der geringen Größe
vorübergehend eingestellt, nicht jedoch die Beobachtung. Seit dem
Verfassungsschutzbericht für 2012 wird die Aktivitas der Danubia
aufgrund von Kontakten zur Münchner Neonazi-Szene wieder als
„eigenständiges Beobachtungsobjekt des Landesamts für
Verfassungsschutz“ erwähnt. 2012 führte der VS als Begründung u.a. aus:

„Bei Veranstaltungen der Aktivitas der Burschenschaft Danubia treten
seit Jahren immer wieder rechtsextremistische Referenten auf.
Beispielsweise referierte am 6. Mai 2011 der rechtsextremistische
Publizist Jürgen Schwab bei einer Podiumsdiskussion zum Thema
‚Verschwörungstheorien versus Kapitalismuskritik?’. Das ehemalige
NPD‑Mitglied Schwab gehört zu den ideologischen Vordenkern und
Strategen der rechtsextremistischen Szene.“
Hier ist anzumerken, dass die Aktivitas zwar meistens die
Nazi-Referenten einladen, die Alten Herren aber durchaus Einfluss auf
die Vorgänge im Burschenhaus haben. Gewichtiger ist jedoch, wie
Alexander Wolf auf die erneute Aufnahme seiner Burschenschaft in den
Geheimdienstbericht reagierte. So gab es nach Erscheinen des Berichts
eine aufgeregte interne Diskussion. Wolf vertrat 2012 die Position,
dass man sich durch den Verfassungsschutz nicht vorschreiben lasse,
welche Referenten auf das Haus geladen werden dürften.

Ein beliebtes burschenschaftliches Argument, es firmiert in diesen
Kreisen unter „Meinungsfreiheit“, bei der Danubia auch unter dem
Stichwort „Herrschaftsfreier Dialog“. In einer gleichnamigen Rubrik
wird auf der Danuben-Homepage auch eine lange Liste von rechten bis
ganz rechten Referenten geführt. Die Danubia übernahm anscheinend
Wolfs Argumentation, denn auf der Homepage ist aktuell zu lesen „Die
akademische Freiheit verteidigen wir so auch gegen autoritäre
Innenminister und politische Kräfte, die sie zu unterminieren versuchen.


Auf dieses Zitat angesprochen, antwortete Wolf publikative.org:

„Die akademische Freiheit ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 und 3 des
Grundgesetzes, die Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG sowie die
(auch) akademische Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Diese und
andere Grundrechte gegenüber jedermann zu verteidigen bewerte ich als
äußerst positiv.“


AfD-Wahlplakat in Hamburg (Foto: Patrick Gensing)
Doch Rechtsanwalt Wolf ging in seiner Argumentation noch weiter:
Burschenschaften beanspruchen immer noch für sich die
gesellschaftliche Elite zu sein. Dies galt für das Kaiserreich und die
Weimarer Republik ebenso, wie für die Zeit des Nationalsozialismus.
Und so sind die Animositäten gegenüber NS-Organisationen in den 20er
und frühen 30er Jahren des letzten Jahrhunderts auch weniger auf
ideologische Differenzen zurück zu führen, als auf das populistische
und pöbelhafte Gebaren von SA und NSDAP auf der einen Seite und dem
elitären Dünkel der Korporierten auf der anderen.

Dieser Standesdünkel schimmert bei Wolf nicht nur durch, wenn er sich
für ein strenges, elite-orientiertes Schulsystem als Abgeordneter in
Hamburg stark macht, gegen „Gleichmacherei“ und für Bildungsideale
längst vergangener Zeiten eintritt; sondern auch in seiner
ambivalenten Abgrenzung gegenüber rechter Gewalt. Eine Abgrenzung und
Unvereinbarkeit bezüglich der Mitgliedschaft von Neonazis und
Skinheads, so Wolf 2012, sei eine Frage des Stils und des Niveaus, im
burschenschaftlichen Terminus würde es des Comments heißen und sie sei
nötig, weil die militante Nazi-Szene kriminell und von Geheimdiensten
durchsetzt sei. Der interne politische Diskurs über Gewalt dürfe
jedoch in der Danubia ebenso wenig ausgeschlossen werden, wie der mit
neofaschistischen Ideologen.

Heute führt Wolf auf Anfrage dazu aus:

„Diskurse kann man über die abseitigsten Ideen führen – und wenn auch
nur deshalb, um derartigem Gedankengut schon von Anfang an
entgegenzutreten. Für mich liegt das Gewaltmonopol beim Staat. Gewalt
kann und darf kein Mittel politischer Auseinandersetzung sein.“

Die Frage ist nur, warum es jemandem anlässlich einer
geheimdienstlichen Beobachtung überhaupt in den Sinn kommt, einen
Diskurs über politische Gewalt offen zu halten.

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