27.09.13
Altona
Artikel aus dem vom 27.032013.
Tumult bei Bezirksversammlung: Punks fordern Bleiberecht
Die Antrittsrede der neuen Altonaer Bezirksleiterin
Liane Melzer wurde am Donnerstagabend von rund 50 Demonstranten gestört.
Sie fordern ein dauerhaftes Bleiberecht auf der Brachfläche an der
Stresemannstraße.
Zu
tumultartigen Szenen ist es am Donnerstagabend in der Altonaer
Bezirksversammlung gekommen. Rund 50 Punks, die sich zu Beginn der
Sitzung im Besucherbereich aufhielten, haben lautstark gegen die Räumung
ihres Camps auf der unbebauten Fläche an der Stresemannstraße Ecke
Kieler Straße demonstriert. Sie forderten ein dauerhaftes Bleiberecht
auf dem ehemalige Gelände der BMW-Niederlassung.
Anlass war ein Antrag der
Bezirksfraktion der Linken. Darin fordert die Partei, endlich eine
dauerhafte Lösung für die rund 30 Bewohner der Brachfläche zu finden,
die seit mehreren Monaten in Zelten, Bauwagen und selbstgezimmerten
Hütten campieren. Der kleinen Obdachlosensiedlung droht bereits seit
einiger Zeit die Räumung, da auf dem Grundstück rund 500 neue Wohnungen
entstehen sollen. Der Grundstückseigentümer, die Hanseatic Holding AG
mit Sitz in Hildesheim, hat bereits im Juli Strafantrag wegen
Hausfriedensbruchs gestellt.
Die Abgeordneten zeigten zwar
größtenteils Verständnis für die Sorgen der Obdachlosen, forderten aber
mehr Geduld. "Wenn man von dem Staat etwas erreichen will, dann geht man
auf den Staat zu und pöbelt ihn nicht an", sagte der
CDU-Fraktionsvorsitzende Uwe Szczesny. Weitere Teilnehmer berichteten,
einige Obdachlose wären sehr stark alkoholisiert gewesen und hätten mehr
gepöbelt, als konstruktive Beiträge geleistet. "Die Stimmung war
teilweise sehr emotional bis aggressiv", sagte ein Teilnehmer dem
Abendblatt. Wenig später hätten die Obdachlosen das Gebäude unter
Protest wieder verlassen. Dabei sollen auch Toiletten beschmiert und
beschädigt worden sein.
"Wir wollten Präsenz zeigen,
um ernst genommen zu werden", sagte Punkerin Malou, die sich gegenüber
dem Abendblatt als Sprecherin der Gruppe ausgab. "Es war etwas
unverhältnismäßig, dass einige von uns dabei lauter geworden sind." Aber
schließlich gehe es um ihre Existenz. Die 20-Jährige aus Bremen lebt
seit Anfang des Jahres auf der Brachfläche. "Im Vergleich zur Straße
leben wir hier sehr trocken und komfortabel. Im Winter können wir uns
mit Windschutzwänden und Öfen vor der Kälte schützen." Unter dem Namen
"Neutopia" will die Gruppe daher weiterhin für ihr Bleiberecht kämpfen.
Dabei seien sie durchaus kompromissbereit. "Wenn uns eine
Alternativfläche in ähnlich zentraler Lage und vergleichbarer Größe
angeboten wird, würden wir das nicht ablehnen", sagte Malou dem
Abendblatt.
"Wir wollen uns diesen
Menschen annehmen", sagte Robert Jarowoy, Fraktionsvorsitzender der
Linken in Altona, der den Kontakt zu den Punkern sucht. "Wir würden es
begrüßen, wenn die Gruppe bis zum tatsächlichen Baubeginn weiterhin dort
wohnen kann." Bis dahin bliebe Zeit, nach einen alternativen Platz zu
suchen.
Der Sozialausschuss will sich
am kommenden Dienstag noch einmal mit der Zukunft des Camps und einem
geeigneten Alternativstandort beschäftigen. Finanzielle Hilfen solle es
jedoch nicht geben. Die Punker wollen diese Gelegenheit nutzen, um ihr
Anliegen erneut vorzutragen. "Ein Bleiberecht, wie es die Bewohner der
Fläche fordern, ist nicht realisierbar, da es sich um ein
Privatgrundstück handelt", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas
Adrian dem Abendblatt.
Nach Auskunft des Bezirksamts
wäre es möglich, die Bewohner im Winternotprogramm unterzubringen, bevor
man ihnen im kommenden Jahr gegebenenfalls einen ausgewiesenen
Bauwagenplatz zur Verfügung stellen könnte. "Dafür wäre es nötig, dass
die Bewohner erst einmal entsprechende Strukturen aufbauen", sagte
Kerstin Godenschwege, Sprecherin des Bezirksamts Altona.
Im Mittelpunkt der
Bezirksversammlung stand ursprünglich die Antrittsrede der neue Altonaer
Bezirksleiterin Liane Melzer (SPD). Aufgrund der Tumulte zu Beginn der
Sitzung, wurde die Rede jedoch nach hinten verschoben. Die 60-Jährige
will in den kommenden Jahren unter anderem die Kunst im öffentlichen
Raum fördern, die Altonaer Parks attraktiver gestalten und den sechs
Millionen hohen Schuldenberg des Bezirks abbauen. Dafür setze sie vor
allem auf Bürgerbeteiligung. "Mein Ziel ist es, dass Altona der kreative
Motor in der Metropolregion Hamburg wird und das mit dem Ziel der
sozialen Gerechtigkeit", sagte Melzer. Zuletzt war sie Senatorin in
Rostock.
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