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Samstag, 29. März 2014

DEMOAUFRUF 7. APRIL 2014 - FÜR EINE GLEICHE GESUNDHEITSVERSORGUNG ALLER MENSCHEN IN HAMBURG UND ÜBERALL

Ein Aufruf des Medibueros Hamburg
http://medibuero-hamburg.org/de/demoaufruf-7-april-2014



Mit Inkrafttreten des UN-Sozialpakts im Jahr 1976 hat sich die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, „für jedermann* im Krankheitsfall den Genuss medizinischer Einrichtungen und ärztlicher Betreuung sicher(zu)stellen". Trotzdem gibt es aktuell in Hamburg tausende Menschen, die keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung haben. Gerade im letzten Jahr hat sich ihre Situation weiter verschlechtert.

Die Ursachen, warum viele Menschen in Deutschland keinen Zugang zum Gesundheitssystem haben sind unterschiedlich.

• Wer keine Arbeitserlaubnis hat, kann nur ohne Sozialversicherung arbeiten.
• Wer im Asylverfahren steht, hat nur stark eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsleistungen.
• Wer keine Papiere hat, kann nicht einfach zur Ärzt_in oder im Notfall ins Krankenhaus gehen.
• Wer als Selbstständige_r pleite gegangen ist, ist ohne Versicherung.

Gesundheit ist ein Menschenrecht, das unabhängig von Pass, Herkunft und Einkommen besteht. Jeder Mensch muss uneingeschränkten Zugang zu Gesundheitsversorgung haben.

Deshalb wollen wir am Weltgesundheitstag unsere Forderung nach Gesundheitsversorgung für Alle lautstark auf die Straße bringen

NOTFALLVERSORGUNG VON PAPIERLOSEN.
Im Oktober 2013 hat das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 30.10.2013 – B7AY2/12 R) entschieden, dass die Sozialämter nicht mehr für die Notfallversorgung von Menschen ohne Papieren aufkommen müssen. Das führt dazu, dass die Krankenhäuser Menschen, die in einer medizinischen Notlage sind, abweisen oder lediglich mit Schmerzmitteln behandeln.


BEGINN DES ASYLVERFAHRENS
Menschen, die in Deutschland einen Antrag auf Asyl stellen, haben mit Antragsstellung ein Recht auf medizinische Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Seit circa einem Jahr erhalten Antragssteller*innen in Hamburg ihre Versicherungskarte jedoch erst nach Wochen oder Monaten; das bedeutet, dass sie in dieser Zeit ohne Gesundheitsschutz sind und insbesondere Schwangere und psychisch Kranke keine Fachärzt_innen aufsuchen können.

MENSCHEN OHNE GÜLTIGE PAPIERE
Menschen, die ohne gültige Papiere in Deutschland leben, stehen ebenfalls Gesundheitsleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu. Beantragen sie jedoch beim Sozialamt einen Krankenschein, so ist dieses verpflichtet (§87 AufenthaltsG), sie der Ausländerbehörde zu melden und es droht ihnen die Abschiebung. Dies führt faktisch dazu, dass sie im Krankheitsfall nicht zur Ärzt_in oder ins Krankenhaus gehen können.

ASYLBEWERBER*INNEN
Das Asylbewerberleistungsgesetz gibt vor, welche Gesundheitsleistungen Asylbewerber*innen zustehen. In der Realität bedeutet dies, dass nur ein sehr eingeschränktes Leistungsspektrum gewährt wird. Vor allem, die Behandlung von chronischen Krankheiten wie z.B. Krebsleiden, wird zumeist verweigert. Eine solche Ungleichbehandlung ist nicht hinnehmbar.

BÜRGER*INNEN ANDERER EU-STAATEN
Viele Bürgerinnen aus anderen EU-Ländern haben keine Krankenversicherung. Wer im Krankheitsfall für ihre Behandlung aufkommt, ist nicht geklärt.

WIR FORDERN:

• Abschaffung des § 87 Aufenthaltsgesetz (Meldepflicht von Illegalisierten an die Ausländerbehörde)

• Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes – Integration in die Regelversorgung sofort ab Antragstellung auf Asyl

• Abschaffung diskriminierender Sondergesetze für Flüchtlinge

• Reguläre medizinische Versorgung aller hier lebender Menschen – unabhängig vom Aufenthaltsstatus und Herkunftsland




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Dies ist der Bundesweite Aufruf des Medibueros
www.medibuero.de

Für eine reguläre Gesundheitsversorgung aller Menschen – unabhängig vom Aufenthaltsstatus!

Was selbstverständlich sein sollte, ist es leider nicht: In Deutschland haben viele MigrantInnen keine Krankenversicherung und keinen regulären Zugang zu medizinischer Versorgung. Die Folge: Behandelbare Erkrankungen entwickeln sich zu vermeidbaren Notfällen. Das ist ein Skandal und stellt nicht nur die Betroffenen, sondern auch alle, die im Gesundheitswesen tätig sind, vor große Probleme.

Aus ethischer und menschenrechtlicher Sicht müssen alle PatientInnen die notwendige medizinische Versorgung bekommen – was ist aber, wenn die Rechnung nicht bezahlt werden kann? Die nötige Anschlussbehandlung unterbleibt? Das Labor nicht abgerechnet werden kann und die Medikamente unbezahlbar sind? Wenn gar eine Operation notwendig wird?

Die Politik lässt das Gesundheitswesen mit diesen Problemen nicht nur alleine, sie hat sie größtenteils überhaupt erst geschaffen. Dabei geht es um die Versorgung von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus, von Flüchtlingen im Asylverfahren oder mit Duldung, sowie von EU-MigrantInnen ohne Krankenversicherung.

Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus haben faktisch keinen Zugang zur medizinischen Regelversorgung. Wenn sie beim Sozialamt einen Krankenschein beantragen, ist das Sozialamt nach § 87 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) verpflichtet, die Ausländerbehörde zu informieren. Im schlimmsten Fall droht dann die Abschiebung.

Wenn sie im Notfall direkt ins Krankenhaus gehen, kann das Krankenhaus versuchen, direkt mit dem Sozialamt abzurechnen – diese Daten sind dann durch die ärztliche Schweigepflicht vor der Weitergabe an die Ausländerbehörde geschützt. Das Krankenhaus muss dem Sozialamt gegenüber jedoch die Bedürftigkeit der PatientInnen nachweisen – die dazu notwendigen Nachweise können Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus in der Regel nicht vorweisen.

Sie können in ihrer besonderen Lebenssituation auch keine detaillierten Angaben über ihre MitbewohnerInnen und UnterstützerInnen machen. Daher müssen die Krankenhäuser fast immer auf die Abrechnung der KoLisa Bäuerlesten verzichten und versuchen daher solche Behandlungen zu vermeiden. Dies Dr. Regina Brunett führt zu einer strukturellen Unterversorgung, oft unterbleiben nötige Untersuchungen und Behandlungen, teilweise mit lebensgefährlichen Konsequenzen.

Flüchtlinge, die im Asylverfahren sind oder geduldet werden, haben nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) nur Anspruch auf reduzierte medizinische Leistungen. Was diese Leistungen umfassen und ausschließen, ist immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen und führt nicht selten zur Leistungsverweigerung. Dabei entscheiden SachberarbeiterInnen der Sozialämter über die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung.

Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts wird das AsylbLG gerade überarbeitet – in diesem Zusammenhang sollten die medizinisch unsinnigen Einschränkungen endlich gestrichen werden. Zumal die Lebensbedingungen von Flüchtlingen aufgrund ausländerrechtlicher Bestimmungen ohnehin psychosozial belastend und gesundheitsgefährdend sind: Lagerunterbringung, Essenpakete, Arbeits- und Ausbildungsverbote, Einschränkungen der persönlichen Mobilität durch die Residenzpflicht.

Bundesweit protestieren Flüchtlinge gegen diese ausgrenzenden Lebensbedingungen. Dabei haben sie durch lange Protestmärsche, monatelange Besetzungen und Hungerstreiks, u.a. am Brandenburger Tor bei klirrender Kälte auch ihre eigene Gesundheit aufs Spiel gesetzt. Dennoch reagiert die Politik auf ihre Forderungen bisher mit kalter Ignoranz.

Die dritte Gruppe von MigrantInnen ohne regulären Zugang zur Gesundheitsversorgung sind EU-BürgerInnen insbesondere aus den neuen EU-Ländern, die oft weder in Deutschland noch in ihren Herkunftsländern krankenversichert sind. Während ein einheitlicher Rechtsrahmen für die europäischen Arbeits-, Dienstleistungs-, Waren-, Kapital- und Finanzmärkte geschaffen wird, stellt sich die sozialrechtliche Situation der innereuropäischen MigrantInnen in der Praxis als uneinheitlich und komplex dar.

Der Zugang zu medizinischen Leistungen und deren Finanzierung stellt Beratungsstellen, Gesundheitsdienste und Krankenhäuser und öffentliche Verwaltungen vor Fragen, deren Beantwortung umfangreiche Kenntnisse europäischer Rechtsnormen und des nationalen Sozialrechts – in Deutschland wie im jeweiligen Herkunftsland – erfordert. Die Interpretation dieser Regelungen durch Beratungsstellen, Verwaltung und Gerichte ist uneinheitlich und oftmals widersprüchlich. Die Beschäftigten im Gesundheitswesen können diese Fragen am allerwenigsten beantworten. Sie sind jedoch mit den Hilfe suchenden PatientInnen konfrontiert und allein gelassen. Dies führt dazu, dass die medizinische Versorgung oft mangelhaft und unzureichend ist.
Wir setzen uns für ein Gesundheitswesen für alle ein.

Wir fordern:

Abschaffung des § 87 AufenthG
Abschaffung des AsylbLG – Integration in die soziale Regelversorgung
Abschaffung diskriminierender Sondergesetze für Flüchtlinge
Reguläre medizinische Versorgung aller hier lebenden Menschen – unabhängig vom Aufenthaltsstatus und vom Herkunftsland

Unterzeichner_innen:
Organisationen:
Medico International
VDÄÄ - Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte
Medecins du Monde - Ärzte der Welt
IPPNW - Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.
Deutsche AIDS-Hilfe e.V.
Münchner AIDS-Hilfe e.V.
Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF)
Fraktion Gesundheit in der Ärztekammer Berlin
Familienplanungszentrum Berlin - BALANCE
Bayerischer Flüchtlingsrat
Flüchtlingsrat Berlin e.V.
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
Flüchtlingsrat NRW e.V.
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Flüchtlingsrat Brandenburg
Flüchtlingsrat Thüringen e.V.
Flüchtlingsrat Düsseldorf e.V.
Flüchlingsrat Mainz e.V.
Caritasverband für die Diözese Limburg e.V.
Medibüro Hamburg
Medinetz Bonn e.V.
Medinetz Freiburg
Medinetz Leipzig e.V.
Medizinische Flüchtlingshilfe Göttingen e.V.
Basisgruppe Medizin Göttingen
Medibüro Kiel
MediNetz Rhein-Neckar
Medibüro Lübeck
Medinetz Rostock
MediNetz Bremen
Medinetz Mainz
Medizinische Flüchtlingshilfe Hannover e.V.
Medizinische Flüchhtlingshilfe Bielefeld
Medinetz Dresden e.V.
Medinetz Jena e.V.
abed e.V. - Hilfe für Kinder in Burkina Faso
KLIK e.V. / Kontaktladen für junge Menschen auf der Straße, Berlin
Bündnis gegen Rassismus
NEKABENE - Familien und Migrationsprojekt der AIDS-Hilfe Essen e.V.
Netzwerk Asyl Migration Flucht Dresden (NAMF)
Willkommensinitiative - Praktische Solidarität mit Flüchtlingen in Stadt und Landkreis Lüneburg
Projekt InteraXion - Anlaufstelle für Migrant_innen | antirassistische Bildung Treptow-Köpenick
Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi)
GLADT e.V. - Gays and Lesbians aus der Türkei
Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und MigrantInnen (KuB) e.V. - Berlin
Multitude Berlin
NGfP - Neue Gesellschaft für Psychologie
ARI Berlin - Antirassistische Initiative e.V.
Thüringer Bündnisse, Initiativen und Netzwerke gegen Rechts
Interkulturelles Frauenzentrum S.U.S.I. - Berlin
Netzwerk Flüchtlingshilfe-Menschenrechte e.v., Hannover
Initiative Ja zur Flüchtlingsaufnahme in Gransee
Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V.
Borderline europe - Menschenrechte ohne Grenzen e.V.
Amoro Foro e.V. - Berliner Landesverband von Amaro Drom e.V.
AG Kritische Mediziner der Uni Hamburg
Berliner Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) / Ariba e.V.
respect Berlin
no lager halle
Antirassistische Netzwerk Sachsen-Anhalt
Infomobil Hamburg
Gesellschaft für türkischsprachige Psychotherapie und psychosoziale Beratung (GTP e.V.)
gASTWERKe e. V. Arbeits- und Lebensgemeinschaft in Escherode (Niedersachsen)

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