"Für jetzt und immer: Vier von uns!
[Rede zum
Gedenken an den Altonaer Blutsonntag und die von der faschistischen Justiz
gemordeten Bruno Tesch, August Lütgens, Karl Wolff und Walter Möller]
Liebe
Antifaschistinnen und Antifaschisten,
wir feiern
dieses Jahr das 70. Jahr der Befreiung von Faschismus und Krieg. Und wir
gedenken hier 4 Menschen, die Teil der Widerstandsbewegung waren, Teil der
weltweiten Bewegung, die es schließlich am 8. Mai 1945 schaffte, den Faschismus
zu besiegen.
Deswegen
sind Brundo Tesch, Karl Wolff, Walter Möller und August Lütgens für jetzt und
immer: Vier von uns!
Gut wäre es,
wir könnten ihrer einfach gedenken, von ihrem Leben erzählen, die Erinnerung an
sie wach halten. Aber das ist nicht genug und die aktuelle politische Situation
verbietet es, uns darauf zu beschränken.
Verzeiht
mir, wenn ich aushole, aber die Entwicklungen in Griechenland, der
Bundesrepublik, Kobane und der Ukraine haben einen inneren Zusammenhang und es
ist notwendig, dass wir uns dem Gesamtbild stellen.
Wir sind Zeugen, wie in den letzten
Wochen auf erpresserische Weise die Interessen des Internationalen
Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission,
die durch die Bundesrepublik Deutschland angeführt wird, - in Griechenland durchgesetzt worden sind. Wohlwissend,
dass die Durchsetzung der Memorandum-Programme in Griechenland Menschenleben
kosten wird und bereits kostet. Die Säuglingssterblichkeit in Griechenland ist
in den letzten Jahren um 43% gestiegen.
Die Konzerne Hochtief und Siemens
verdienten Milliarden an den Olympischen Spielen in Athen. Thyssen-Krupp,
Krauss Maffei und weitere verdienten Millionen durch Rüstungsexporte nach
Griechenland. Als das Geld für die
deutschen Konzerne und Banken nicht mehr floss, wurden durch die deutsche
Regierung Hilfspakete geschnürt, damit die Gelder an die Konzerne gezahlt
werden konnten, um danach die Schulden zu verstaatlichen.
Sie gehen über Leichen und das müssen
wir leider wörtlich nehmen. Die Verelendung von Millionen Menschen in Griechenland
ist eine Drohung an uns alle, es ist die Fortsetzung der Verelendungspolitik,
die der Internationale Währungsfonds seit Jahrzehnten in der so genannten
Dritten Welt betreibt. Es zeigt, wozu die deutsche Regierung und die deutschen Konzerne
bereit sind.
Wir müssen begreifen, dass der
Angriff auf die Lebensgrundlagen der Menschen in Griechenland auch ein Angriff gegen
uns ist.
Wir sind Zeugen, wie sich in der
letzten Zeit erneut die faschistischen Anschläge und Angriffe auf die Wohnungen
und auf das Leben der ärmsten und rechtlosesten Teile der Bevölkerung in der
BRD mehren. Während in Hamburg immer noch Wohnungen leerstehen und noch viel
mehr unnützer Büroraum, den man problemlos zu Wohnungen umfunktionieren könnte,
werden Menschen, die Krieg und Verfolgung, die Unmenschliches hinter sich
haben, hier in Zeltstädten untergebracht . Zugleich wird seiten des Senats der
Eindruck vermittelt, als würden die Flüchtlinge die Wohnungsnot in Hamburg
verschärfen. Es wird der Eindruck vermittelt, als ob große Summen öffentlicher
Gelder nun für die Flüchtlinge ausgegeben werden müssten und deswegen für
andere Sachen kein Geld mehr da sei.
Verantwortlich für die Wohnungsnot in
Hamburg ist jedoch der Hamburger Senat, verantwortlich für die schlechten
Lebensbedingungen großer Teile der Hamburger Bevölkerung ist der Bürgermeister.
Olaf Scholz ist einer der Autoren der so genannten Harz IV Gesetze. Er hat so
mit dafür gesorgt, dass die BRD zu einem Niedriglohnland geworden ist, er hat
eine Politik mit umgesetzt, die zur Veramung großer Teile der Bevölkerung
geführt hat. Als 1994 das Asylbewerberleistunsggesetz verabschiedet wurde, gab
es dagegen kaum Widerstand in der BRD. 20 Jahre später wurden die Hartz IV
Gesetze verabschiedet. Vieles in diesen Gesetzen war abgeschrieben aus dem Asyslbewerberleistungsgsesetz.
Zunächst gab es die Ein-Euro-Jobs nur
für Flüchtlinge, 20 Jahre später gab es sie für alle Arbeitslosen.
Wir müssen begreifen, dass die Angriffe
auf die Flüchtlinge auch Angriffe auf
uns sind.
Wir sind in der letzten Woche Zeugen
gworden, wie 32 Menschen durch einen furchtbaren Anschlag in Suruc umgebracht
wurden. 32 junge Leute, vorwiegend Kurdinnen und Kurden, die helfen wollten, in
Rojava Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen. Eine Demokratie, die von
echter Mitbestimmung geprägt ist, nicht so wie bei uns. Der Kampf in Rojava,
den die Kurdinnen und Kurden anführen, ist ein Kampf für das Leben, gegen die
Barbarei. Sie sind diejenigen, die sich der Terrororganisation Islamischer
Staat konsequent entgegen gestellt haben.
Die Regierung der Türkei nutzt nun
zynischerweise gerade diesen Anschlag, um ihre Bombardierungen kurdischer
Stellungen und Lager zu rechtfertigen. Und die NATO und alle ihre
Mitgliedsländer unterstützen sie dabei.
Wir müssen begreifen, dass der Kampf
in Rojava mehr ist als der Kampf gegen den Islamischen Staat, es geht um die
Verteidigung elementarer Rechte und die Angriffe dort sind auch Angriffe gegen
uns als Antifaschistinnen und Antifaschisten.
Wir sind Zeugen, wie die Regierung
der Bundesrepublik in der Ukraine einer
Regierung zur Macht verholfen hat, an der faschistische Kräfte beteiligt sind. Der
erste Akt dieser Regierung bestand darin, die russische Sprache zu verbieten.
Nun wird der kommunistischen Partei verboten, zu den Wahlen anzutreten.
Am 2. Mai 2014 flüchteten sich mehr
als 100 Menschen – Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter,
Linke, Kommunistinnen und Kommunisten
– vor einem mehr als tausend Leutezählenden rechtenMob in das Gewerkschaftshaus
in Odessa. Unter den Augen der Polizei
und der Sicherheitskräfte warfen rechte Kräfte und Faschisten der Swoboda und
des Rechten Sektors Molotowcocktails in das Haus und schossen mit scharfen
Waffen gezielt auf Menschen.Mehr als 40 Menschen wurden getötet. Obwohl einige
der Täter bekannt sind, werden sie nicht bestraft.
Die Präsenz der NATO an den Grenzen
Russlands wird verstärkt und ausgeweitet.
Wir sind Zeugen, wie der Kampf um
Rohstoffe, Absatzmärkte und
Einflusssphären ausgetragen wird mit wirtschaftlichen und militärischen Mitteln
und wie sich die Verhältnisse zuspitzen.
Es ist an uns, den Ernst der Lage zu begreifen und zu
handeln.
Wir müssen begreifen, dass „Nie
wieder Faschismus, Nie wieder Krieg“ nicht einfach eine Parole ist. Sondern
dass Krieg und Faschismus 2 Gefahren sind, die uns ganz konkret bedrohen. Die
jüngsten Entwicklungen zeigen das nur zu deutlich jedem und jeder von uns, die und
der bereit ist, die Augen aufzumachen.
Wir können uns nicht wegducken, wir
können uns nicht in ein anderes Universum beamen, die Realität wird uns
einholen. Wir müssen aufhören, wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren.
Wir sind zu wenige, wir sind zu
schwach, wir haben zu wenig gelernt, wir sind zu schlecht organisiert, aber
wenn wir eines von den antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und –kämpfern
lernen können, dann dieses: Nicht aufzugeben, auch wenn die Lage hoffnungslos
erscheint.
Das
Leben und das Wirken von August Lütgens, Walter Möller, Karl Wolff und
Bruno Tesch, der Männern, Frauen und Heranwachsenden, die sich dem Faschismus
und dem Krieg entgegengestellt haben, ist ein unermesslicher Reichtum, von dem
wir lernen können und aus dem wir Kraft schöpfen können.
Wir können handeln, wenn wir uns
organisieren. Wir können Widerstand leisten, wenn wir uns solidarisieren. Wir
können gewinnen, in dem Kampf um eine Welt des Friedens und der Freiheit, wenn
wir aufhören uns spalten zu lassen.
Lasst uns gemeinsam streiten, um
menschenwürdigen Wohnraum, um eine Arbeit, von der man leben kann, um eine
Arbeit, die Sinn macht und nützlich ist.
Lasst uns auf die Straßen gehen, in
Solidarität mit dem griechischen Volk, mit den Antifaschisten in der Ukraine
und mit den Kämpferinnen und Kämpfern in Kobane.
Lasst uns gemeinsam kämpfen gegen den
Faschismus. Gegen die Nazis, die am 12.September hier in Hamburg demonstrieren
wollen. Gegen Nationalismus und Chauvinismus in den Köpfen.
Lasst uns gemeinsam kämpfen gegen den
drohenden Krieg. Gegen Bundeswehroffiziere an
Schulen, gegen Rüstungsproduktion und Rüstungsexport in Hamburg, gegen
die geistige und materielle Mobilmachung.
Für heute und morgen: Vier von uns!
Für das Heute und Morgen: Widerstand
entwickeln!"
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Jeder Kommentar wird von mir grundsätzlich freigeschaltet und veröffentlicht - solange es sich dabei nicht um rassistische, faschistische oder persönlich beleidigende oder herabsetzende Einlassungen handelt.